Logopädie für Kinder und Jugendliche

Komplexe Störungen bei Kindern

Voraussetzungen für die Teilhabe am Leben verbessern
Kommunikation in ihren individuellen Ausprägungen verstehen wir als ein Grundbedürfnis. Sie ermöglicht Verständigung, Kontakte und somit die Teilhabe am familiären und sozialen Leben. In jeder Altersstufe und insbesondere bei Kindern, da sich Kommunikationsfähigkeit und Entwicklung gegenseitig beeinflussen. Sind Sprach-, Sprech-, Stimm- oder Schluckfunktion in mehreren Bereichen eingeschränkt oder die gesamte Entwicklung reduziert, z. B. die Wahrnehmung oder motorische Fähigkeiten, spricht man von komplexen Störungen.

Die Ziele unserer logopädischen Therapie erarbeiten wir mit dem betroffenen Kind und dessen Eltern/Betreuern. Immer interdisziplinär mit behandelnden Ärzten. Immer mit einem ressourcenorientierten Ansatz, der nicht nur Defizite auszugleichen hilft, sondern sich an den persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten und Stärken des Kindes ausrichtet. Entsprechend zielführend, entwicklungs- und altersgerecht gestalten wir unsere logopädischen Therapien. Für eine verbesserte Kontaktfähigkeit, die die Lebensqualität und Selbstverwirklichung von Menschen mit und ohne Beeinträchtigung fördert.

Logopädie bei komplexen Störungen bei Kinder
  • Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen (AVWS)

    Es liegt eine Störung in der Verarbeitung gehörter Informationen vor. Das Hörorgan an sich, mit Mittel- und Innenohr, ist dabei funktionsfähig. Die Aufnahme von Tönen unterschiedlicher Lautstärke findet ohne Schwierigkeiten statt; das Tonaudiogramm ist ohne Befund.

    Dagegen ist die Weiterleitung der Informationen über den Hörnerv und ihre zentrale Verarbeitung im Großhirn betroffen. Geräusche, Laute und Worte können nur teilweise wahrgenommen und/oder nur kurzfristig gespeichert werden. Die Richtung, aus der ein Geräusch stammt, wird unter Umständen nicht erkannt, Geräusche und Laute können oft nicht voneinander unterschieden und Störgeräusche nicht ausgeblendet werden. Zudem kann eine Überempfindlichkeit bei Lärm bestehen. Als Folge dessen können eine verzögerte oder unvollständige Sprachentwicklung sowie Lese-Rechtschreibschwierigkeiten auftreten.

    Aus diagnostischer Sicht sollte das Vorliegen einer peripheren Hörstörung ausgeschlossen sowie, aufgrund teilweise ähnlicher Symptome, eine Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) abgegrenzt sein.

  • Näseln (Rhinophonie)

    Rhinophonien sind Störungen des Stimmklangs und der Artikulation. Wir unterscheiden dabei zwischen offenem und geschlossenem Näseln, was auch in den individuellen logopädischen Therapien berücksichtigt wird. Beim geschlossenen Näseln entweicht die Luft nicht durch die Nase, sondern durch den Mund. Dies wird vor allem bei den Nasallauten /n/, /m/ und /ng/ deutlich. Beim offenen Näseln entweicht zu viel Luft durch die Nase anstatt durch den Mund. Die veränderte Stimmgebung wird hier vor allem bei den Vokalen deutlich. Insbesondere bei Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten tritt diese Symptomatik häufig auf.

  • Selektiver Mutismus

    Bei selektivem Mutismus handelt es sich um eine Kommunikationsstörung, die zumeist im Kindesalter auftritt. Die betroffenen Kinder sprechen in bestimmten Situationen oder mit bestimmten Personen nicht, beispielsweise im Kindergarten oder der Schule. In anderen Situationen ist ihre Interaktion jedoch unauffällig, wie z. B. im familiären Umfeld. In der Regel sind die Intelligenz und die sprachlichen Kompetenzen altersentsprechend entwickelt.

  • Hörstörungen

    Für die altersgemäße Entwicklung und, um richtig sprechen zu lernen, muss ein Kind hören können. Beobachtungen der Eltern, z. B. wenn ein Baby ab ca. der sechsten Lebenswoche bei plötzlichen Geräuschen nicht erschrickt oder ab etwa einem halben Jahr die Augen nicht in Richtung eines akustischen Reizes dreht, sollten ärztlich geklärt werden. Beeinträchtigungen des Gehörs von Kindern, wie durch Schallleitungs- oder Schallempfindungs-Schwer­hörigkeiten, frühzeitig zu erkennen ist von großer Bedeutung für eine gezielte Behandlung und für eine gesunde Entwicklung in nahezu allen Bereichen.

    Bei Schallleitungsschwerhörigkeiten, ausgelöst durch z. B. Ohrenschmalzpropfen im äußeren Gehörgang, Tubenfunktionsstörungen, Paukenergüsse oder Mittelohrentzündungen, wird der Schall nur eingeschränkt über das Trommelfell weitergeleitet. Kinder hören sich selbst mehr oder weniger gedämpft/leiser sprechen, das Sprachverstehen bleibt meist erhalten. Solche Schallleitungsstörungen können einen hemmenden Einfluss auf die Sprachentwicklung haben. Sie kommen bei Kindern häufig vor, ihr Auftreten ist jedoch zumeist von begrenzter Dauer.

    Schallempfindungsschwerhörigkeiten betreffen eine Schädigung des Innenohres oder des Hörnervs. Der Schall wird in diesen Bereichen nur vermindert aufgenommen oder verarbeitet. Die Ursachen sind häufig genetisch bedingt oder entstehen aufgrund bestimmter Erkrankungen. Diese Hörbeeinträchtigung bezieht sich in unterschiedlicher Ausprägung meist auf alle Frequenzen, die für die Wahrnehmung von Sprache notwendig sind. Dies hat Einfluss auf den Klang und die Qualität der gehörten Sprache.

  • Autismus-Spektrums-Störung (ASS)

    Autismus-Spektrums-Störungen sind tiefgreifende, angeborene Entwicklungsstörungen. Es treten Besonderheiten und Einschränkungen im interaktiven Verhalten und in der körpersprachlichen Kommunikation auf. Die Auffälligkeiten gehen auf Veränderungen in Aufbau und Arbeitsweise des Gehirns zurück. Diese führen dazu, dass Betroffene zwischenmenschliche Abläufe und Zusammenhänge nicht durchschauen und grundlegende soziale Handlungsmuster nur schwer erlernen. Gleichzeitig ist die Sprachentwicklung und die praktische Anwendung von Sprache beeinträchtigt. Innerhalb der Autismus-Spektrums-Störungen gibt es sehr unterschiedliche Symptome, Ausprägungen und Schweregrade.

    Äußerungen und Handlungen von Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) sind häufig nicht einfach nachzuvollziehen. Es bestehen allerdings Therapieansätze, um kognitive und sprachliche Fertigkeiten zu fördern sowie soziale Interaktion und Kommunikation zu trainieren, um den Betroffenen ein Leben im sozialen Umfeld zu erleichtern.

  • Behinderung / Beeinträchtigungen

    Bei Kindern mit Behinderungen, wie genetischen Abweichungen, z. B. dem Down-Syndrom, einer Seh- oder Hörbehinderung sowie neurologischen Erkrankungen, zeigen sich oft Verzögerungen in der Entwicklung. Je nach Art der Beeinträchtigung kann es zu Sprachentwicklungsstörungen, zur Störung der Mundmotorik oder auch zu Problemen bei der Nahrungsaufnahme kommen. Sprach- und Sprechprobleme können die Folge sein und sich nachteilig auf das Sozial- und Kommunikationsverhalten des Betroffenen auswirken.

Logopädische Therapie bei Kindern mit komplexen Störungen und/oder einer Behinderung ist aufgrund der unterschiedlichen Schädigungsbereiche sehr vielschichtig. Und doch immer individuell. Nach unserem Verständnis ist es gerade für Kinder mit entsprechenden Beeinträchtigungen fundamental, mit ihrem Umfeld zu kommunizieren und verstanden zu werden. Primäres Ziel unserer Therapie ist daher die Anbahnung der Lautsprache. Ist diese durch Art und Schwere der Behinderung nicht möglich, können ggf. alternative Kommunikationsformen erarbeitet werden. Hierbei beziehen wir kooperierende Spezialisten für Unterstützte Kommunikation ein.

Mehr Information erhalten Sie bei dem Deutschen Bundesverband für Logopädie (dbl)